Entwarnung! Keine Erhöhung der Geldbuße mit der Begründung SUV gefahren.

Für Aufsehen sorgen zunächst ein Urteil AG Frankfurt a. M. v. 3.6.2022 (Az. 974 OWi 533 Js – Owi 18474/22), wonach im Fall eines Rotlichtverstoßes das Regelbußgeld allein mit der Begründung erhöht wurde, der Verstoß sei mit einen SUV begangen worden. Das an das Erscheinungsbild eines Geländewagens angelehnte Fahrzeug (BMW X-Modell) verfüge über erhöhte Bodenfreiheit, habe eine kastenförmige Bauweise und habe höher angeordnete Frontstrukturelemente, weshalb dieses im Fall eines Unfalls eine größere Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer darstelle – so jedenfalls die Feststellung des Gerichts nach Inaugenscheinnahme der Messfotos. Da also aufgrund der Bauweise eine höhere Betriebsgefahr vorliege, müsse das Regelbußgeld für den Rotlichtverstoß von 200,- € auf 350,- € erhöht werden (1 Monat Fahrverbot war obligatorisch).
Das OLG Frankfurt hat das nun anders entschieden. Allein die Tatsache, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein SUV handelt, rechtfertige keine Erhöhung der Geldbuße, insoweit war das Urteil erster Instanz rechtsfehlerhaft, OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 29.9.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22.

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Heute einmal einen Kracher aus dem Verkehrsrecht.

Der BGH hat nun klargestellt:
Keine „rechts vor links“-Regelung auf öffentlichen Parkplätzen oder der Parkplatz ist keine Straße.
Bisher war landläufige Meinung, auch auf Parkplätzen gelte „rechts vor links“, so nichts anderes geregelt ist. Entsprechendes steht ja auch in § 8 StVO Das sieht der BGH entsprechend einem am 11.1.2023 veröffentlichten Urteil anders. Danach nämlich sollen sich die Fahrzeugführer über das Vorfahrtsrecht verständigen. Nach Auffassung der Karlsruher Richter sie dies der Verkehrssicherheit dienlicher. Eine konkrete Vorfahrtsregelung für Parkplätze hält der BGH nicht für notwendig, denn ein Parkplatz sei vor allem zum Rangieren, Be- und Entladen da. Außerdem verkehren dort regelmäßig Fußgänger, so dass dort ohnehin nur langsam gefahren werden könne.
Bei der soweit bekannten rechts vor links Regelung soll es jedoch dann bleiben, wenn die Fahrspuren eindeutigen „Straßencharakter“ haben. Das seien in erster Linie „Fahrbahnen, die in erster Linie der Zu- und Abfahrt und damit dem fließenden Verkehr dienen“, so die Richter am BGH im zitierten Urteil.

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Und der Urlaub verjährt eben doch nicht immer!

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun entschieden, dass zwar grundsätzlich auch der gesetzliche Urlaub der dreijährigen Verjährung unterliegt. Aber die Verjährung beginnt halt erst dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat, der Arbeitnehmer aber den ihm zustehenden Urlaub trotzdem nicht aus freien Stücken angetreten hat. Im entschiedenen Fall kann sich die Arbeitnehmerin nun über das hübsche Sümmchen von 17.376,64 € freuen.
BAG Urt. v. 20.12.2022, 9 AZR 266/20.
Da die dreijährige Verjährungsfrist erst mit Schluss des Jahres beginnt, in dem der Arbeitgeber ordnungsgemäß belehrt hat, können auch Ansprüche von vor 5, 10 oder auch 15 Jahren geltend gemacht werden. Es können dann auch noch Urlaubsansprüche gegen früherer Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Arbeitgeber sind nun gut beraten, wenn sie zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und freiwillig gewährtem Zusatzurlaub unterscheiden. Die Belehrung über nicht in Anspruch genommenen Urlaub sollte sorgfältig dokumentiert werden.

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Kurzarbeit kürzt den Urlaubanspruch – BAG Urteil vom 30.11.2021

Die Bundesarbeitsrichter in Erfurt haben heute zwei grundlegende Entscheidungen getroffen und so wieder eine offene Frage im Arbeitsrecht geklärt.
Entfällt die Arbeitspflicht infolge Kurzarbeit vollständig, so verkürzt sich entsprechend der Urlaubsanspruch, BAG Urt. v. 30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21 (in der Revision entschieden dazu der bereits unter „Urlaub und Kurzarbeit“ dargestellte Fall). Ordnet der Arbeitgeber aufgrund individueller Regelung (z. B. Arbeitsvertrag) oder aufgrund einer Betriebsvereinbarung wirksam Kurzarbeit an, so sind diese Zeiten weder nach nationalem, noch nach EU-Recht den Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Da keine Arbeitspflicht besteht, entsteht im Umkehrschluss auch kein Urlaubanspruch, BAG Urt. v. 30.11.2021, 9 AZR 234/21.
Damit steht also fest, wurde Kurzarbeit Null wirksam vereinbart und im Betrieb eingeführt, so verkürzt sich entsprechend der Dauer der Urlaubsanspruch anteilig. Vor dem Hintergrund, dass bereits infolge der Corona-Pandemie in der Vergangenheit viele Betriebe Kurzarbeit eingeführt hatten und der erleichterte Zugang zu Kurzarbeit (nochmals) bis 31.3.2022 verlängert wurde, dürften die betroffenen Betriebe nun auch von dem Instrument der Urlaubskürzung vermehrt Gebrauch machen. Die Grundsatzentscheidung aus Erfurt werden wohl auf Zehntausende Arbeitnehmer, die von der Kurzarbeit betroffen sind, Auswirkung haben.
Bevor der Urlaub aber gekürzt werden kann muss stets geprüft werden, ob die Kurzarbeit überhaupt richtig eingeführt wurde. Denn ist das nicht der Fall, besteht der Urlaubsanspruch fort.

„Wenn die Behörde den Laden schließt, schuldet der Arbeitgeber keinen Lohn“

Muss der Betrieb wegen einer Corona-Verordnung schließen („Lockdown“), so muss der Arbeitgeber für die Dauer der behördlich angeordneten Geschäftsschließung keinen Lohn für Mini-Jobber bezahlen. So jedenfalls entschied das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2021 (Az. 5 AZR 211/21).
Geklagt hatte eine Minijobberin, deren Auffassung nach der Arbeitgeber das vereinbarte Entgelt von 432,- €/Monat als Annahmeverzugslohn schulde. Schließlich gehöre die Betriebsschließung zum Zwecke der Eindämmung der Pandemie zum Betriebsrisiko, das eben der Arbeitgeber trägt. Das sahen die Erfurter Richter schließlich anders und hoben das stattgebende Urteil der Vorinstanz auf (LAG Niedersachsen, Urt. v. 23.3.2021 – 11 Sa 1062/20). Die finanziellen Nachteile, welche die Arbeitnehmer durch die pandemiebedingten Betriebsschließungen erfahren, müsse der Staat ausgleichen. Der finanzielle Nachteil der Klägerin nämlich ist Folge einer „Lücke im sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem“, wofür der Arbeitgeber nicht in Anspruch genommen werden kann.
Eine Besonderheit des Falles liegt darin, dass nur diejenigen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld beziehen können, die auch in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Geringfügig Beschäftigte sind nicht in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig (vgl. § 7, §27, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Regulär beschäftigte Arbeitnehmer erhalten als finanziellen Ausgleich bei der Betriebsschließung beispielsweise Kurzarbeitergeld, sind also über den Staat abgesichert.

„Am Ende krank und keine Kohle“

Bisher galt, die Krankmeldung („gelber Zettel“) reicht, um die Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen, so dass es Entgeltfortzahlung in voller Höhe gibt.
Das gilt so aber nicht, wenn der Arbeitnehmern kündigt und taggleich erkrankt. In diesem Fall reicht die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht aus, um den Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall zu begründen. Der Arbeitnehmer muss die behauptete Krankheit beweisen, beispielsweise in dem er seinen behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindet und dieser die Krankheit zusätzlich bezeugt.
Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer die Kündigung erklärt und am gleichen Tag durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Dauer der Kündigungsfrist die Krankheit behauptet. Der Arbeitnehmer wollte also wegen behaupteter Krankheit nicht mehr im Betrieb arbeiten. Die Zufälligkeit des Zusammentreffens von Kündigungserklärung und Auftreten der Krankheit erschüttert den Anscheinsbeweis der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, so dass der Arbeitnehmer in der Beweispflicht bleibt. Der Arbeitgeber musste also im entschiedenen Fall keine Lohnfortzahlung leisten, der Arbeitnehmer erhielt kein Geld.
BAG Urt. v. 8.9.2021 – 5 AZR 149/21

Urlaub und Kurzarbeit

Keine Arbeit – kein Urlaub!
So jedenfalls die grundsätzliche Überzeugung des LAG Düsseldorf zur Frage, ob der Urlaubsanspruch entsprechend der Kurzarbeit gekürzt werden darf.
Mit Urteil vom 12.3.2021, Az. 6 Sa 824/20 entschied das Gericht, dass während Kurzarbeit Null keine Urlaubsansprüche entstehen können. Für jeden Monat Kurzarbeit, so das Gericht, wird der Jahresurlaub um ein Zwölftel gekürzt.
Die Revision wurde zugelassen, am Ende entscheidet also das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Frage.
Zur Einordnung:
Bisher gibt es noch keine Rechtsprechung des BAG zu der Frage, so dass das Revisionsverfahren abzuwarten ist. Bis dahin besteht die Möglichkeit, dass andere Landesarbeitsgerichte anders entscheiden, also den Urlaubsanspruch trotzdem sehen.
Aber die Entscheidung LAG Düsseldorf liegt auf Linie des EuGH zu Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG (EuGH Urt. 8.11.2012, Az. C-229/11 und C-230/11). Danach gilt: während der Kurzarbeit Null entsteht kein Mindesturlaub. Denn während der Kurzarbeit ruhen die wechselseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, also „kein Schweiß und kein Geld.“
ACHTUNG:
Anderes gilt, wenn bereits vor Anordnung von Kurzarbeit der Urlaub festgelegt war. Ebenfalls zu klären sind etwa mögliche Ansprüche bei Krankheit und ob es eine Hinweispflicht des Arbeitgebers gibt.
Die Entscheidung gilt nur für die Kurzarbeit, nicht auf andere Fälle. So entfällt beispielsweise der Urlaubsanspruch nicht deswegen, weil der Arbeitnehmer infolge einer unwirksamen Kündigung nicht mehr zur Arbeit erschien.

Kurzarbeit:
Keine Kurzarbeit ohne Vertrag, Tarifvertrag oder Vereinbarung.
Wir beraten Sie.

Wichtig:
Es gelten weiterhin gesetzliche und vereinbarte Kündigungsfristen sowie Ausschlussfristen. Besonders wichtig im Arbeitsrecht bei Arbeitgeberkündigung, Kündigungsschutzklage, Kurzarbeitergeld.
Wir sind für Sie da.