Sorgerechtsverfahren: Kein Schmerzensgeldanspruch gegen Dolmetscherin
| Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. hat entschieden: Eine Dolmetscherin verstößt nicht gegen ihre Berufspflichten, wenn sie neben der reinen Übersetzung auch Einschätzungen und Angaben zum Aussageverhalten macht. |
Dem zugrundeliegenden Rechtsstreit ging ein familienrechtliches Sorgerechtsverfahren voraus, im Rahmen dessen die Richterin das minderjährige Kind der späteren Klägerin anhörte. Da das Kind kein Deutsch sprach, wurde die jetzige Beklagte als Dolmetscherin für Polnisch hinzugezogen. Sie ist nach der Kindesanhörung richterlich dazu befragt worden, welchen Eindruck sie von dem Kind habe; ob es mit eigenen Worten oder fremdbestimmt gesprochen habe. Hierauf antwortete die jetzige Beklagte, dass sie den Eindruck habe, das Kind werde erpresst und wolle eigentlich etwas ganz anderes sagen. Daraufhin wurde der Kindesmutter das Sorgerecht einstweilen entzogen. Dies veranlasste sie wiederrum, die jetzige Klage vor dem AG auf Zahlung von Schmerzensgeld i. H. v. mindestens 5.000 Euro zu erheben. Sie war dabei der Auffassung, die beklagte Dolmetscherin habe sich durch ihre Einschätzungen parteiisch verhalten, habe ihre Grenzen überschritten und sei zumindest mitursächlich für den Sorgerechtsentzug gewesen.
Das AG hat die Schmerzensgeldklage voll abgewiesen. Ein Anspruch ergebe sich insbesondere nicht aufgrund eines Verstoßes gegen Dolmetscherpflichten oder aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass das gerügte Verhalten weder durch das Hessischen Dolmetschergesetz untersagt sei, noch widerspreche es dessen Schutzzweck. Gerade, wenn eine Manipulation des Aussageverhaltens eines Kindes im Raume stehe, könne es durchaus notwendig sein, dass über die reine Übersetzung der Dolmetscherin hinaus Angaben zur Wortwahl und zur Sprachgeschwindigkeit erfolgen. Es sei korrektive Aufgabe des Gerichts, überschießende sowie nicht zum Aufgabenkreis der Dolmetscherin gehörende Äußerungen auszugrenzen.
Quelle | AG Frankfurt a. M., Urteil vom 20.12.2019, 29 C 1828/19 (85); PM Nr. 16/2020